Somatic Experiencing (SE)®

(SE)® ist ein ganzheitlicher ressourcenorientierter Ansatz zur Verarbeitung und Lösung von Stress, Schock und Traumafolgen.

Der Begründer von Somatic Experiencing, Dr. Peter A. Levine erforschte die Verhaltensweisen wilder Tiere in ihrem Umgang mit bedrohlichen Erfahrungen und ging der Frage nach, warum sich Tiere in freier Wildbahn von solchen Erfahrungen relativ schnell wieder erholen, wohingegen Menschen oft über einen längeren Zeitraum, oder auch über Jahre, an den Folgen dieser Erfahrungen leiden. Er wollte dadurch einen Ansatz finden, der dem Menschen hilft, sich schneller von überwältigenden Erlebnissen zu erholen, denn vieles haben wir mit den Tieren gemeinsam. Durch seine Beobachtungen kam er zu dem Schluss, dass Trauma keine Krankheit ist, sondern Teil eines hochintelligenten psychosomatischen Selbstschutzsystems. Trauma ist die psychobiologische Antwort auf ein oder mehrere Erfahrungen, die uns überwältigt haben, die wir als zu viel, zu schnell und zu plötzlich erlebt haben.
Bei seinen Forschungen entdeckte er, dass der Organismus von Mensch und Tier zur Bewältigung eines bedrohlichen oder überwältigenden Ereignisses instinktiv Bewältigungsmechanismen auslöst: Kampf oder Flucht. Sollte beides nicht erfolgreich oder möglich sein, schaltet der Körper in den 3. Überlebensmodus, den wir Erstarrung / Immobilität nennen. Der Körper zieht sozusagen die Notbremse. Für Beutetiere in freier Wildbahn ist das Teil ihres Lebens und sie erholen sich davon immer wieder.

Tiere haben den Vorteil, dass sie nicht über ihre Erfahrungen nachdenken. So genial unser menschlicher, denkender Verstand ist, um so mehr kann er uns bei der Verarbeitung von schwierigen Erlebnissen im Weg stehen. Wir haben oft keinen guten Kontakt mehr zu unserem Körper, können seine Impulse nicht mehr richtig einordnen. Sie machen uns Angst oder wir verurteilen sie und versuchen so, die Situation mit unserem Verstand zu bewältigen. Bei einer Reaktion auf ein bedrohliches Ereignis haben wir auf unseren Verstand aber keinen Zugang, denn wenn es ums Überleben geht, muss der Organismus blitzschnell handeln und umgeht dabei das Großhirn, um die instinktiven Überlebensimpulse freizusetzen. Wir Menschen müssen also lernen unserem Körper wieder zuzuhören, um schwierige Erfahrungen zu verarbeiten und uns davon lösen zu können.

Wenn sich der Mensch in der Erstarrungsreaktion, der „Notbremse“ befindet, und der Körper den Weg nicht heraus findet, weiss er nicht wohin mit der hohen Ladung im Nervensystem, die ursprünglich für Kampf und Flucht bereitgestellte wurde. Um diese Energie verwalten zu können, versucht der Organismus diese im Körper zu verteilen und zu binden. Dadurch können unterschiedliche Symptome entstehen: Innere Unruhe, Verspannungen und Schmerzen, Taubheitsgefühle, Schlafstörungen, Verdauungsprobleme, Atemwegsprobleme, Kreislaufprobleme, Schreckhaftigkeit, Nervosität, Konzentrationsschwierigkeiten, Erschöpfung, Gefühle von Hilflosigkeit, Scham- und Schuldgefühle, Aggressivität, Depression, Dissoziation u.a. Erinnerungen an traumatische Ereignisse werden in kleine Einheiten zerlegt, sodass diese besser handhabbar werden. Dadurch wird die Erinnerung lückenhaft und auch zeitlich unklar. Diese inneren Bilder können in Form von Flashbacks (plötzlich auftretende, sich aufdrängende Erinnerungsfetzen / Bilder und Träume) im Bewusstsein auftreten. Das System ist schnell „triggerbar“. Das bedeutet es kann auf einen plötzlichen Auslöser, sei er von aussen oder von innen, an die
traumatische Erfahrung erinnert werden, und der Körper versucht sich erneut zu schützen. Dadurch fühlt es sich an, als wenn die Situation von damals noch nicht vorbei wäre. All diese Empfindungen haben Einfluss auf unser Erleben von uns selbst und unser Erleben in Beziehung mit anderen und der Welt im allgemeinen. Unser inneres Nervenkostüm hat somit einen großen Einfluss darauf, wie wir uns und die Umwelt erleben, denn dieses formt die Brille, durch die wir auf uns und in die Welt schauen.

Die Traumareaktionen können je nach der Erfahrung heftigerer oder auch subtilerer Natur sein, wodurch nicht unbedingt immer schnell erkennbar ist, ob es sich bei einem Symptom um eine Krankheit, eine persönliche Eigenschaft oder um eine Reaktion auf eine traumatische Erfahrung handelt, die die hohe Ladung im autonomen Nervensystem in diesem Symptom bindet. Oft liegen die Ereignisse auch zeitlich so weit zurück, dass man die Symptome gar nicht mehr mit der Erfahrung in Verbindung bringt.

Die Symptome können besser werden oder sogar verschwinden, wenn der Körper mit Hilfe von Somatic Experiencing die Ladung im Nervensystem behutsam lernt zu „entladen“ und das Nervensystem dadurch wieder zu seiner vollen Flexibilität und seinem natürlichen Gleichgewicht findet. Mit der Übererregung im Nervensystem verweben sich Gefühle, Gedanken und Empfindungen, die in den therapeutischen Prozess mit eingebunden werden, um eine Regulierung auf ganzheitlicher Ebene zu unterstützen. Das Nervensystem lernt sich wieder zu beruhigen und auch Energie bereitzustellen, wenn es dies erfordert. Findet das Nervensystem in diesen natürlichen Rhythmus, so nennen wir das auch Selbstregulierung.

Wir entdecken, dass wir behutsam und achtsam unseren Körper einladen können, seiner eigenen Intelligenz zur Heilung zu folgen und dass er ganz genau weiss, wie das geht, wenn wir den unabgeschlossenen Impulsen „lauschen“ und Ihnen helfen, sich zu vervollständigen. Wir erleben, dass wir etwas bewirken können. Die eigenen Ressourcen und die innere Widerstandsfähigkeit (Resilienz) wachsen. Wir fühlen uns wieder lebendig und erfahren eine damit verbundene neue Lebensqualität.

Wir unterscheiden 2 Arten von Stressreaktionen:
Schocktrauma bezieht sich auf die Stress-Reaktion auf ein oder mehrere plötzliche Ereignisse.
Bei Entwicklungstrauma haben wir eine Stress-Situation über einen längeren Zeitraum, der durch die frühe Phase unserer Lebens, in der wir besonders geprägt werden, weitreichende Auswirkungen auf unser generelles Stressmanagement im Leben hat.
Stressreaktionen können durch verschiedene Erlebnisse ausgelöst werden. Manche dieser Ereignisse stecken wir gut weg, an anderen wiederum „knabbern“ wir länger. Stressreaktionen können ausgelöst werden durch: Stürze, Unfälle, Krankenhausaufenthalte, chronische Krankheiten, Naturkatastrophen, Gewalt, Missbrauch, frühe Vernachlässigung, Verluste, generationsübergreifende Traumata, zwischenmenschliche Konflikte, private und berufliche Dauerbelastungen etc.

Somatic Experiencing ist ein ganzheitlicher Ansatz. In der Therapie arbeiten wir mit Hilfe von Gespräch, Bewegung und (Selbst)Berührung, mit der inneren Wahrnehmungsfähigkeit unseres lebendigen gefühlten Körpers und unseren emotionalen und geistigen Fähigkeiten. Eine zentrale Rolle spielen dabei innere und äussere Ressourcen, Achtsamkeit und die Arbeit im hier und jetzt. Denn nur im jetzigen Moment können wir mitbekommen, wie unser Körper lernt sich selbst zu
regulieren, und nur im jetzigen Moment können wir neue hilfreiche Ressourcen entdecken und neue Erfahrungen in uns verankern.

Dieser Text wurde uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Anke Korte, Heilpraktikerin für Psychotherapie, www.praxis-ankekorte.de