Gesprächspsychotherapie

Anfang der 40er Jahre des letzten Jahrhunderts hat Carl Rogers einen personenzentrierten Ansatz in Beratung und Therapie entwickelt, der auch unter Personenzentrierter Psychotherapie, Klientenzentrierter Psychotherapie und – in Deutschland – Gesprächspsychotherapie bekannt ist.
Im Mittelpunkt steht das Erleben der gegenwärtigen Situation im Hier und Jetzt der therapeutischen Beziehung und eine stärkere Gewichtung emotionaler Prozesse und nicht-direktiver Haltung gegenüber einem reflektierenden und deutenden Vorgehen. Die Annahme einer nichteinheitlichen Theorie der Persönlichkeit, und die Art und Weise, wie der Klient Zugang zu seinem Erleben herstellen kann, werden als entscheidende Faktoren des personenzentrierten Ansatzes gesehen.
Der Therapeut achtet darauf, die Grundhaltungen zu verwirklichen, die Rogers 1957 als notwendige und hinreichende Bedingungen für die Persönlichkeitsentwicklung des Klienten formuliert hat: Kongruenz (Echtheit), nicht urteilende und nicht an Bedingungen gebundene Wertschätzung (Akzeptanz) und positive Beachtung, sowie Empathie (Einfühlung) im Sinne von einfühlendem Verstehen und Erfassen des inneren Bezugsrahmens des Klienten.
Die hohe Wirksamkeit dieser Haltung ist in jüngster Zeit durch neurowissenschaftliche Forschungsergebnisse vollständig bestätigt worden. Dem Klienten kommt hierbei eine aktive Rolle zu, indem der Therapeut das Vertrauen des Individuums, sich aktiv zu mehr Kongruenz zu entwickeln, fördert. Die Stärkung dieser Aktualisierungstendenz fördert einen konstruktiven Wachstumsprozess, der zu mehr Erfahrungsoffenheit und Selbstsicherheit des Klienten führt.
Zitat Rogers: „Der Klient beginnt zu spüren, dass er die Gültigkeit seines Selbstbildes an dem eigenen Wahrnehmungs- und Erlebensfluss überprüfen kann“… „Ein solcher Mensch akzeptiert sich selbst immer mehr und vertraut auf seine organismische Erfahrung, die weiser ist als der Verstand allein“.

Die erste Bedingung der personenzentrierten Haltung die man als Echtheit, Unverfälschtheit oder Kongruenz bezeichnet heißt , dass der Therapeut keine professionelle Attitüde und keine persönliche Fassade zur Schau trägt, so dass die Wahrscheinlichkeit steigt, dass auch der Klient versucht, sich so zu verhalten und damit auf konstruktive Weise zu wachsen. Therapeuten und Klienten sind gleichwertig, stehen aber nicht als Gleiche in der Beziehung.

Empathie, der zweite förderliche Aspekt der therapeutischen Beziehung, ist das einfühlsame Verstehen. Dem Klienten wird echte und tiefe positive Zuwendung und Wertschätzung entgegengebracht. Für den Klienten ist die Erfahrung, von jemand anderem verstanden zu werden, eine entwicklungsfördernde Kraft. Nach Rogers ist diese ganz besondere Art des Zuhörens eine der mächtigsten Kräfte der Veränderung, die es gibt. Durch einfühlsames zuhören, können Klienten ihren inneren Erlebnisstrom deutlicher wahrnehmen. Wenn ein Klient sich selbst versteht und schätzt, dann wird sein Selbst kongruenter mit seinen Erfahrungen. Die Person wird dadurch „realer“ und „echter“. Diese Tendenzen befähigen die betreffende Person, ihre eigene Entfaltung wirksamer zu fördern. 
Bei dieser Form des heilenden, einfühlsamen Zuhörens werden nicht nur sprachliche Äußerungen, sondern auch das gesamte nicht-sprachliche Verhalten des Klienten mit berücksichtigt.
Die Zuwendung des Therapeuten ist dabei nicht an die Erfüllung bestimmter Bedingungen gebunden.

Akzeptanz und die Wertschätzung des Klienten durch den Therapeuten ist die dritte Voraussetzung für ein Klima, das Veränderungen fördert. Rogers bezeichnet dies als „positive Zuwendung“. Menschen tendieren dazu, eine fürsorgliche Einstellung zu sich selbst zu entwickeln, wenn sie akzeptiert und geschätzt werden. Der Klient erfährt eine positive akzeptierende Einstellung des Therapeuten gegenüber seinem momentanen Erleben, was zu therapeutischer Bewegung und Veränderung führt. Vorhandene Gefühle dürfen sich zeigen und ausgelebt werden.

Die therapeutische Haltung, die auf diesen drei Bedingungen beruht, schafft ein psychologisches Klima, das es dem Menschen gestattet, er selbst zu sein und kommt der Tendenz entgegen, die gesamte Komplexität zu entwickeln, derer ein Mensch fähig ist.
Denn der Therapeut hat die Aufgabe, sich auf den Veränderungsprozess des Klienten auszurichten und nicht umgekehrt. Nicht der Therapeut weiß es am besten, sondern der Klient. Diese Aussagen sind nach Rogers die philosophische Basis des personenzentrierten Ansatzes.

 

Dieser Text wurde uns freundlicherweise von Peter Helmer (Focusingcoordinator Germany) zur Verfügung gestellt – www.integralepraxis.com.